Der große Soja-Fake

Verfasst von Bert Ehgartner. Veröffentlicht in Al-ex News

Sojaprodukte genießen einen guten Ruf als traditionelle gesunde Speisen Asiens. Weniger bekannt ist, dass der weltweite Siegeszug von Tofu, Miso und Sojaöl von der US-amerikanischen Automobilindustrie ausging, wo Henry Fords Chemiker die Bohne als billigen Rohstoff für Autolacke entdeckten. Bis heute ist die USA der weltgrößte Soja-Exporteur. Die Pflanze gilt als Wunderbohne der Intensiv-Landwirtschaft und der Gentechnik. Mit ihrem Gesundheitseffekt zu werben, ist jedoch seit kurzem verboten. Im Gegenteil: Tests von Produkten auf Sojabasis ergeben häufig einen hohen Gehalt an Schadstoffen. Monsanto & Co. arbeiten an der weiteren "Optimierung" der Bohne über den Einbau von Aluminium-Toleranzgenen. Dabei enthalten Sojagetränke schon jetzt bis zu zehn mal mehr Aluminium als Produkte auf Kuhmilch-Basis. 

Sojabohne-wikipediaBereits seit mehr als 5.000 Jahren wird u. a. in Japan, China und Indonesien die Sojabohne angebaut. Die Pflanze zählt zu den Leguminosen, welche in der Lage sind, sich unabhängig vom Nitratgehalt des Bodens mit Luftstickstoff zu versorgen und damit auch auf nährstoffarmen Böden zu gedeihen. Ein Grundnahrungsmittel wie Reis oder Weizen war Soja jedoch nie. Rohe Soja enthält verschiedene Gifte, zum Beispiel den sogenannten Sojabohnen-Trypsin-Inhibitor. Er schützt die Pflanze, indem er die Verdauungsenzyme der Fressfeinde hemmt. Damit kann Soja auch den menschlichen Stoffwechsel empfindlich stören.

Nach der traditionellen asiatischen Methode wurden Sojaprodukte deshalb gekocht, mit Bakterien oder Pilzen versetzt und in einem langsamen Prozess fermentiert. Dabei fand eine Veränderung der organischen Stoffe statt, welche die Enzym-Inhibitoren der Sojabohne deaktivierte, ihren hohen Gehalt an Phytinsäure umwandelte und sie damit für Menschen überhaupt erst  genießbar machte. Doch durch diese Prozedur der Vergärung dauerte es Monate, bis traditionelle Speisen wie Miso, Natto, Tempeh oder Sojasauce ausgereift waren.

Als der deutsche Arzt und Weltenforscher Engelbert Kaempfer von 1684 bis 1693 durch Asien reiste, begegneten ihm überall diese Sojagerichte. „Miso ist eine Art Brei, der Gerichten anstelle von Butter zugefügt wird, die unter diesem Himmelsstreifen gänzlich unbekannt ist“, berichtete Kaempfer in seinem 1712 veröffentlichten Buch der exotischen Neuigkeiten „Amoenitatum Exoticarium“. „Die berühmte Soyasauce wird, wenn nicht gleich über alle, dann doch zumindest auf alle gekochten und gebratenen Speisen gekippt.“

Das heute am meisten verbreitete Sojaprodukt Tofu wird in Kaempfers Schriften gar nicht erwähnt. In der traditionellen asiatischen Küche wurde Soja vor allem als Zusatz oder Würze verwendet, nicht als Hauptspeise. Das änderte sich erst, als es der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang, die Sojabohne zu zähmen. Und das geschah nicht in Japan oder China, sondern in den USA.

Henry Ford verbindet man wohl nicht sofort mit der Trendpflanze Soja. Dabei war es der Automobil-Tycoon, der die Sojabohne Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA populär machte. Er ließ damals alle bekannten Lebensmittel auf ihre Eignung für einen Einsatz in der Autoindustrie prüfen und stieß dabei auf Raps und Sojabohne, die zuvor in den USA vollkommen unbekannt waren. Die Lacke für die Ford-Modelle wurden fortan auf Basis von Sojaöl produziert.

Von der Schmierölherstellung über Lacke, Kunststoffe und Reinigungsmittel bis hin zum Nitroglycerin für den Bombenbau erwies sich Sojaöl als idealer Rohstoff. Und die Pressrückstände aus den Ölmühlen waren das Kraftfutter der beginnenden industriellen Fleischproduktion. Mitte der 1930er-Jahre hatte der Agrochemiekonzern Archer Daniels Midland das sogenannte Toasting entwickelt, ein industrielles Verfahren zur Entfernung der Giftstoffe im Sojaschrot. Von nun an war Soja als Futtermittel und als Öl gleichermaßen gefragt. Einmal stand die eine, einmal die andere Nutzung im Vordergrund, doch die Gesamtentwicklung kannte immer nur eine Richtung: mehr und noch mehr.

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 Sojaernte in Michigan (Fotos: Wikipedia)

Bei der industriellen Verarbeitung wird Soja gemahlen, das Öl mit Hilfe der problematischen Chemikalie Hexan extrahiert, dann der Brei mit alkalischer Lösung  versetzt, die Fasern entfernt und mit Säure getränkt. Abschließend wird der Sojasud gewaschen und getrocknet. Dabei gehen die Bitterstoffe verloren und es entsteht ein kalorienreicher Nahrungsmix, der bis heute weltweit den Speiseplan der Mastschweine und weiterverarbeitet zu Tofu und Sojamilch jenen der Veganer und Vegetarier dominiert.

Die Agrarindustrie der USA übernahm die traditionelle Kulturpflanze der asiatischen Küche und machte daraus eine Vorzeigepflanze  der Intensivlandwirtschaft, die in Monokulturen bald das Bild großer Teile der südlichen USA sowie Brasiliens und Argentiniens prägte. Von 1900 bis 2010 explodierte die weltweite Erntemenge von sechs auf 250 Millionen Tonnen.

„Bis heute vergöttern Vegetarier und Viehzüchter, Gesundheitsapostel und Unterernährungsbekämpfer die Wunderbohne“, schreibt Dirk Asendorpf in der Neuen Zürcher Zeitung[i]. Tatsächlich enthält Soja die wichtigsten Bestandteile menschlicher Ernährung in einmalig günstiger Kombination: 40 Prozent Eiweiß, 25 Prozent Kohlehydrate, 20 Prozent Fett und 5 Prozent Mineralstoffe. Außerdem sind die Samen reich an Vitaminen und Lecithin, und Sojaöl hat einen hohen Gehalt mehrfach ungesättigter Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selber herstellen kann.

Manche Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Weizen oder Reis liefern vor allem Stärke. Zuckerrohr und Zuckerrübe enthalten, wie der Name schon sagt, Zucker. In Linsen, Erbsen und Erdnüssen steckt vor allem Eiweiß, in Raps und Sonnenblumen Öl. Soja bietet alles gleichzeitig.

 

Gesundheits-Coup der PR-Strategen

Die Ford-Autos wurden in den 1980er- Jahren längst mit noch billigeren Chemikalien lackiert, da gelang den PR-Strategen der Nahrungsmittelindustrie ein besonderer Coup: Sie kaperten das  gesunde Image der „ursprünglichen fernöstlichen Kulturpflanze“, die „vollkommen cholesterinfrei“ ist und großen Anteil an der Gesundheit der Asiaten hat und übertrugen diese Werbeaussagen auf ihr billiges Massenprodukt. Ob in Margarine oder Veggie-Aufstrichen: Wo Sojaöl, Soja-Lecithin oder andere Teile der „Wunderbohne“ enthalten waren, wurde suggeriert, dass man sich damit gesund essen kann. In den USA und Europa wurde die Sojabohne immer mehr zum Trendprodukt einer gesünderen veganen Ernährung. Mittlerweile ist die Bohne allgegenwärtig. Sojasauce, Sojamilch oder Sojawurst liegen ganz selbstverständlich in den Regalen jedes westlichen Supermarkts. Auch in unserem Steak, Schnitzel oder Putenschenkel steckt Eiweiß aus dem Sojaschrot. Margarine, Eis und rund 30.000 weitere industriell erzeugte Lebensmittel enthalten Bestandteile der Sojabohne. Und ständig kommen neue Produkte auf den Markt – zum Beispiel Nudeln, Chips, vegetarische Burger, Sojamilch mit Schokoladengeschmack oder Gemüsesäfte. Die großen US-Lebensmittelkonzerne Kraft, Kellogg’s und Dean Foods kauften jeweils einen Soja-Hersteller auf, um den Trend zur Bohne nicht zu verpassen. Stars wie die Schauspielerin Gwyneth Paltrow bekennen sich zum Soja-Trend. Sojamilch ist die am schnellsten wachsende Getränkekategorie in den Kühlregalen.

Beworben wird die Sojabohne besonders hinsichtlich ihrer vermeintlich positiven Auswirkungen auf die Herzgesundheit, die Vorsorge von Krebs und Osteoporose. Auch zur Linderung von Beschwerden der Wechseljahre sei Soja hilfreich, weil es relative hohe Dosen von Isoflavonen enthält, Inhaltsstoffe, die in ihrer Wirkung dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähneln.

Genau davon kann aber auch ein höheres Gesundheitsrisiko ausgehen, wie man seit den katastrophalen Resultaten der Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren weiß. Soja steht im Verdacht das Immunsystem und die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und zu Fehlfunktionen der Schilddrüse zu führen. Zusätzlich erhöht Soja das Risiko auf Allergien. Bei Kindern entwickeln sich diese oft zusätzlich zu einer bereits vorhandenen Kuhmilchallergie. Soja wurde aus diesem Grund von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit in die Liste potentiell allergener Stoffe aufgenommen.

In den meisten Vergleichstests mit Kuhmilchprodukten finden sich in Sojagetränken deutlich mehr toxische Inhaltsstoffe. Babynahrung auf Sojabasis enthält – je nach Studie – den doppelten bis zehnfachen Gehalt an Aluminium, den etwa doppelten Gehalt an Blei und fünf- bis zehnmal so viel Cadmium wie Babynahrung auf Basis von Milchpulver.

 

"Optimierung" der Sojabohne über Gentechnik

Als Konsequenz aus all diesen Diskussionen hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit kürzlich verboten, dass der Gehalt an Sojaöl oder sonstigen Inhaltsstoffen für gesundheitliche Werbeaussagen verwendet werden darf. Die Saatgutkonzerne nahmen die Kritik ernst und versuchten die Sojabohne zu optimieren. Mit Hilfe der aufstrebenden Gentechnik wurde die Bohne nicht nur optimal auf bestimmte Pestizide abgestimmt, sondern je nach Vorgabe der Ernährungswissenschaft wurde auch der Anteil an verschiedenen Fettsäuren verändert. Der Konzern Monsanto bietet verschiedene Sojabohnen an, je nachdem ob deren Öl eher als Ersatz für Fischfette (extra Omega-3-Fettsäuren) oder als Ersatz für Olivenöl (Focus auf einfach ungesättigte Fettsäuren) herhalten soll.

Es gibt auch bereits Experimente, die Sojabohne mit Hilfe der Gentechnik aluminiumtoleranter zu machen, so wie das zuvor auch schon mit Weizen und Mais erprobt wurde. Dafür werden Gene implantiert, welche die toxischen Eigenschaften der Metall-Ionen kontern und generell eine bessere Eignung für saure aluminiumbelastete Böden bringen[ii]. Mittlerweile sind eine ganze Reihe solcher Toleranzgene identifiziert[iii]. Über diese Methoden der modernen Gentechnik wird in der Folge allerdings auch der Aluminiumgehalt in den Sojabohnen künstlich erhöht.

90 Prozent der weltweiten Sojaproduktion basieren heute auf gentechnisch verändertem Saatgut. Für die Verarbeiter von Bio-Soja wird es immer schwieriger, nicht kontaminierte Ware zu bekommen. Und während der Markt von den Exporten der USA dominiert wird, ist das einstige Soja-Ursprungsland China zum mit Abstand größten Importeur geworden.

Während der Verarbeitung steigt der Aluminiumgehalt in Sojaprodukten steil an. Zum Teil ist das bedingt durch Aluminiumtanks und den Einsatz von Säuren und Laugen bei der Herstellung. Später wird Aluminium frei beim Verarbeiten in den Maschinen und bei der Verpackung der Produkte. Sojamilch ist beispielsweise fast ausschließlich in Verbundkartons mit eingeschweißter Alufolie zu haben. Im Vergleich zu Kuhmilch enthält Sojamilch um ein Vielfaches mehr Aluminium. „Sojaproteingetränke können schon zur Ernährung von termingerecht geborenen Babys verwendet werden“, heißt es im Bericht einer italienischen Ernährungs-Kommission[iv] , „sie haben aber keinerlei ernährungsphysiologische Vorteile gegenüber Kuhmilchprodukten und sie enthalten hohe Dosen an Phytinsäure, Aluminium, sowie Phytoöstrogenen (Isoflavone), welche einen ungünstigen Effekt haben können.“

Bei Sojaprodukten lohnt sich also weiterhin der Gang in den Ökoladen, wo traditionell erzeugte asiatische Speisen angeboten werden. Auf „amerikanisch“ produzierte Massenware – bei der Öl, Tofu und Sojamilch als Nebenprodukte der Schweinemast anfallen – sollte man besser verzichten.

Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus Bert Ehgartners Buch "Gesund ohne Aluminium" (Ennsthaler, 2014). Hier können Sie das Buch bestellen. 

[i] Dirk Asendorpf „Die Wunderbohne“ NZZ Folio August 2012

[ii] Liang C et al. „Low pH,aluminum, and phosphorus coordinately regulate malate exudation through GmALMT1 to improve soybean adaptation to acid soils“ Plant Physiol 2013; 161: S. 1347–1361

[iii] Delhaize E et al. „Transcriptional regulation of aluminium tolerance genes“ Trends Plant Sci 2012; 17(6): S. 341–348

[iv]Agostoni C et al. „Soyprotein infant formulae and follow-on formulae: a commentary by the ESPGHAN Committee on Nutrition“ J Pediatr Gastroenterol Nutr 2006; 42: S. 352–361

 

Tags: Aluminium, Soja, Vegetarier, Vegan, Gentechnik

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